Für den Begriff Probiotika (griechisch: pro bios – für das Leben ) existieren gegenwärtig unterschiedliche Definitionen [25, 37, 44, 67].
Entsprechend der Definition nach Fuller 1989 ist ein Probiotikum "eine Präparation aus lebenden Mikroorganismen, die nach oraler Applikation das Verhältnis intestinaler Keime so beeinflusst, dass daraus positive Effekte auf den Organismus resultieren".
Auf europäischer Ebene ging im Herbst 1995 aus einem Expertentreffen in Brüssel zum Thema Probiotika folgende Charakterisierung hervor: "Probiotika sind lebende, definierte Mikroorganismen, die nach ihrem Verzehr gesundheitsfördernde Effekte ausüben, die über das Maß der grundgebenden ernährungsphysiologischen Effekte hinausgehen. Sie können als Lebensmittelbestandteil oder in Form einer Nicht-Lebensmittelpräparation aufgenommen werden."
In beiden Definitionen wird das Ziel eines Probiotikums deutlich, nämlich die vorhandene Darmflora so zu beeinflussen, dass sowohl das Wohlbefinden gesteigert als auch die Gesundheit gefördert wird [67].
Weitere Funktionen und Wirkungen für den Menschen sind möglich, ohne dass sie hier Erwähnung finden.
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Der menschliche Darm beherbergt mehr als 10 hoch 14 Mikroorganismen. Während der Dünndarm eine relativ geringe bakterielle Besiedlung aufweist – sie nimmt vom Duodenum und Jejunum bis hin zum Ileum zu –, ist der Dickdarm der Darmabschnitt mit der höchsten bakteriellen Besiedlungsdichte. Die Mikroorganismen des Dickdarms (Kolons) können 400 verschiedenen Spezies zugeordnet werden [65]. Aufgrund der Tatsache, dass die Zusammensetzung der Darmflora individuellen Schwankungen unterworfen ist, können etwa 40 Spezies regelmäßig nachgewiesen werden. Zu den quantitativ wichtigsten Arten zählen Bacteroides, Eubacterium und Bifidobacterium [26]. Die Trockenmasse des Stuhls besteht zu 30-75 % aus Bakterien.
Probiotika enthalten lebende Mikroorganismen, die erwünschte Eigenschaften auf den Darm ausüben. Im Prinzip können probiotische Keime aus verschiedenen Quellen stammen. Es hat sich jedoch erwiesen, dass solche Bakterienstämme, die ursprünglich aus dem menschlichen oder tierischen Darm isoliert wurden, besonders stabil sind. Aufgrund ihrer Herkunft sind sie sehr gut an die Milieubedingungen im Intestinum (Darmtrakt) angepasst. Als Probiotika kommen vor allem ausgewählte Milchsäurebakterien, überwiegend der Gattung Lactobacillus und Bifidobacterium zum Einsatz [25, 67].
Milchsäurebakterien, die als Probiotika in Lebensmitteln eingesetzt werden [9, 26, 43].
Probiotika können als Bestandteil eines Lebensmittels oder als Nicht-Lebensmittel-Präparation aufgenommen werden. Die meisten probiotischen Nahrungsmittel finden im Bereich der fermentierten Milchprodukte Verwendung. Joghurt und joghurtähnliche Erzeugnisse sind die bei uns am häufigsten verzehrten fermentierten Milchprodukte. Diese enthalten von Natur aus lebende Milchsäurebakterien, vor allem Laktobacillen und Bifidobakterien. Probiotische Joghurts werden nach gesetzlichen Bestimmungen durch Fermentation – milchsaure Gärung – mit Lactobacillus bulgaricus und Streptococcus thermophilus hergestellt. Beide Keime begünstigen ihr Wachstum gegenseitig [37]. Im Anschluss an die Fermentationsprozesse können noch weitere probiotische Bakterienstämme dem Joghurt zugesetzt werden. Neben probiotischer Butter, Käse und Quarkzubereitungen werden auch andere Lebensmittel mit probiotischen Mikroorganismenkulturen versetzt. Dazu gehören Back- und Süßwaren, Eiscreme, Frühstückszerealien und Müslis sowie milchfreie Lebensmittel, wie Rohwürste [25, 67]. Der Einfluss fermentierter Fleischprodukte, zum Beispiel Rohwurst und Gemüse, wie Sauerkraut und Kimchi – in Korea regelmäßig verzehrte milchsauervergorene Gemüse, überwiegend Chinakohl –, auf den menschlichen Organismus ist bisher nur wenig untersucht [37].
Aufgrund der allgemeinen Erfahrung war bereits Ende des 19. Jahrhunderts bekannt, dass fermentierte Milchprodukte als Mittel zu einem langen Leben gelten. Es heißt, dass "Yahurt" – heute Joghurt – das Geheimnis der über 100-Jährigen auf dem Balkan sei [67]. Zudem wurde Joghurt zur Behandlung und Prophylaxe gastrointestinaler Infektionskrankheiten, beispielsweise Durchfallerkrankungen eingesetzt [5, 37, 44]. Der russische Bakteriologe Ilja Metschnikow untersuchte als erster mit den Methoden der damaligen Zeit die Wirkung probiotischer Mikroorganismen auf den menschlichen Organismus. Er konnte zeigen, dass die probiotischen Keime lebend den Verdauungstrakt passieren und im Stuhl ausgeschieden werden. Er nahm an, dass mit fermentierter Milch aufgenommene Milchsäurebakterien die Gesundheit fördern und dem Prozess des Alterns entgegenwirken [25, 67].
Der prophylaktische beziehungsweise therapeutische Effekt im Intestinaltrakt von oral aufgenommenen Mikroorganismen unterliegt verschiedenen Grundvoraussetzungen. Demnach sollte ein probiotischer Bakterienstamm folgende Anforderungen erfüllen, um wirksam werden zu können [9, 26, 36, 44, 67]:
Soweit die eingesetzten Mikroorganismen nicht auch Fermentationsleistungen erbringen sollen, sollten sie die sensorischen Eigenschaften des Lebensmittels nicht beziehungsweise nicht wesentlich beeinflussen.
Nach dem Verzehr probiotischer Lebensmittel treten die Bakterienstämme in den Dickdarm (Kolon) über und siedeln sich dort an. Sie besitzen die Fähigkeit, sich zu vermehren und verschiedene gesundheitsrelevante Effekte auszuüben.
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