Docosahexaensäure (DHA) ist eine langkettige (≥ 12 Kohlenstoff (C)-Atome), mehrfach ungesättigte (> 1 Doppelbindung) Fettsäure (engl.: PUFAs, Polyunsaturated fatty acids), die zur Gruppe der Omega-3-Fettsäuren gehört – C22:6; n-3 [3, 23, 27, 37, 43, 56, 59].
DHA kann sowohl über die Nahrung, vor allem durch Öle von fettreichen Meeresfischen, wie Makrele, Hering, Aal und Lachs, zugeführt als auch im menschlichen Organismus aus der essentiellen (lebensnotwendigen) n-3-FS alpha-Linolensäure (C18:3) synthetisiert (gebildet) werden [3, 22, 27, 37, 56, 59].
Alpha-Linolensäure ist der Präkursor (Vorläufer) für die endogene (körpereigene) Synthese von DHA und gelangt ausschließlich über die Nahrung, hauptsächlich durch pflanzliche Öle, wie Lein-, Walnuss-, Raps- und Sojaöl, in den Körper [27, 65]. Durch Desaturierung (Einfügung von Doppelbindungen, wodurch aus einer gesättigten eine ungesättigte Verbindung wird; erfolgt beim Menschen nur zwischen bereits vorhandenen Doppelbindungen und dem Carboxyl (COOH)-Ende der Fettsäurekette) und Elongation (Verlängerung der Fettsäurekette um jeweils 2 C-Atome) wird alpha-Linolensäure im glatten endoplasmatischen Retikulum (reich verzweigtes Kanalsystem flächiger Hohlräume, das von Membranen umschlossen ist) von Leukozyten (weißen Blutkörperchen) und Leberzellen über die für den Stoffwechsel ebenfalls bedeutsame Omega-3-Fettsäure Eicosapentaensäure (EPA; C20:5) zu DHA metabolisiert (verstoffwechselt) [3, 23, 27, 54, 59].
Die delta-6- und delta-5-Desaturase sowie die Fettsäure-Elongase sind neben der DHA-Synthese aus alpha-Linolensäure auch für die Umwandlung von Linolsäure (C18:2; n-6-FS) zu Arachidonsäure (C20:4; n-6-FS) verantwortlich. Somit konkurrieren alpha-Linolensäure und Linolsäure bei der Synthese anderer biologisch wichtiger mehrfach ungesättigter Fettsäuren um die gleichen Enzymsysteme, wobei alpha-Linolensäure im Vergleich zur Linolsäure eine höhere Affinität (Bindungsstärke) zur delta-6-Desaturase aufweist. Wird beispielsweise mehr Linolsäure als alpha-Linolensäure über die Nahrung zugeführt, kommt es zu einer gesteigerten endogenen Synthese der proinflammatorischen (entzündungsfördernden) Omega-6-Fettsäure Arachidonsäure und zu einer verminderten körpereigenen Synthese der antiinflammatorisch (entzündungshemmend) wirksamen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA [11, 23, 37, 52]. Dies verdeutlicht die Relevanz eines mengenmäßig ausgewogenen Verhältnisses von Linolsäure zu alpha-Linolensäure in der Nahrung [37, 52]. Nach der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollte das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren der Nahrung im Sinne einer präventiv wirksamen Zusammensetzung 5:1 betragen [20, 23, 27, 37, 56, 59].
DHA kann in der Nahrung sowohl in freier Form als auch gebunden in Triglyceriden (TG, dreifache Ester des dreiwertigen Alkohols Glycerin mit drei Fettsäuren) und Phospholipiden (PL, phosphorhaltige, amphiphile Lipide als wesentliche Bestandteile von Zellmembranen) vorliegen, die im Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt) einem mechanischen und enzymatischen Abbau unterliegen. Die aus der TG- und PL-Spaltung hervorgehenden Monoglyceride (MG, mit einer Fettsäure, wie DHA, veresteres Glycerin), Lyso-Phospholipide (mit einer Phosphorsäure veresteres Glycerin) und freien Fettsäuren, darunter DHA, vereinen sich im Dünndarmlumen gemeinsam mit anderen hydrolysierten Lipiden, wie Cholesterol, und Gallensäuren zu gemischten Micellen (kugelförmige Gebilde mit 3-10 nm Durchmesser, in denen die Lipidmoleküle so angeordnet sind, dass die wasserlöslichen Molekülanteile nach außen und die wasserunslöslichen Molekülanteile nach innen gekehrt sind), die die Aufnahme lipophiler (fettlöslicher) Substanzen in die Enterozyten (Zellen des Dünndarmepithels) des Duodenums (Zwölffingerdarm) und Jejunums (Leerdarm) ermöglichen [2, 3, 23, 27, 37, 43].
Die Fettabsorption beträgt unter physiologischen Bedingungen zwischen 85-95 %.
In den Enterozyten wird DHA an FABPc (Fettsäure-bindendes Protein im Cytosol) gebunden. Die anschließende Aktivierung von proteingebundener DHA ermöglicht die Resynthese von Triglyceriden und Phospholipiden im glatten endoplasmatischen Retikulum (reich verzweigtes Kanalsystem flächiger Hohlräume, das von Membranen umschlossen ist) und somit – durch Entfernung der Lipidmoleküle aus dem Diffusionsgleichgewicht – die Aufnahme weiterer lipophiler (fettlöslicher) Substanzen in die Enterozyten [3, 23, 27, 37]. Es folgt die Inkorporation der DHA-enthaltenden TG beziehungsweise PL in Chylomikronen (CM, Lipoproteine), die für den Transport der im Darm aufgenommenen Nahrungsfette zu peripheren Geweben und zur Leber zuständig sind [2, 3, 27, 37].
Die lipidreichen Chylomikronen (zu 80-90 % aus Triglyceriden bestehend) werden durch Exocytose (Stofftransport aus der Zelle) in die Zwischenräume der Enterozyten sezerniert (abgesondert) und über die Lymphe abtransportiert. Über das Lymphsystem gelangen die Chylomikronen in die Venen des Blutkreislaufs.
Während des Transports zur Leber wird ein Großteil der Triglyceride aus den Chylomikronen in Glycerin und freie Fettsäuren, darunter DHA, gespalten, die von peripheren Geweben, wie Muskulatur und Fettgewebe aufgenommen werden [2, 3, 23, 27, 37]. Durch diesen Vorgang werden die Chylomikronen zu Chylomikronen-Remnants (CM-R, fettarme Chylomikronen-Restpartikel) abgebaut, die an spezifische Rezeptoren der Leber binden.
Nach Bindung der freigesetzten DHA an FABPc kommt es zur Reveresterung von Triglyceriden und Phospholipiden. Die resynthetisierten Lipide können in der Leber weiter metabolisiert (verstoffwechselt) und/oder in VLDL (very low density lipoproteins; fetthaltige Lipoproteine sehr geringer Dichte) eingelagert werden, um durch diese über den Blutkreislauf zu extrahepatischen ("außerhalb der Leber") Geweben zu gelangen [23, 27, 37]. Indem im Blut zirkulierendes VLDL an periphere Zellen bindet, werden die Triglyceride gespalten und die dabei freiwerdenden Fettsäuren, darunter DHA internalisiert (nach innen aufgenommen). Daraus resultiert der Katabolismus (Abbau) von VLDL zu IDL (intermediate density lipoproteins). IDL-Partikel können entweder von der Leber rezeptorvermittelt aufgenommen und dort abgebaut oder im Blutplasma durch eine Triglyceridlipase zum cholesterinreichen LDL (low density lipoproteins; cholesterinreiche Lipoproteine geringer Dichte) metabolisiert werden, welches periphere Gewebe mit Cholesterin versorgt [2, 23, 27, 37].
In den Zellen der Gewebe und Organe wird DHA zum Großteil in die Phospholipide, wie Phosphatidylethanolamin, -cholin und -serin, der Plasmamembranen sowie der Membranen von Zellorganellen, wie Mitochondrien ("Energiekraftwerke" der Zellen) und Lysosomen (Zellorganellen mit saurem pH-Wert und Verdauungsenzymen), eingebaut. Besonders reich an DHA sind die Phospholipide der Synaptosome (Nervenendigungen, die Vesikel und zahlreiche Mitochondrien enthalten) der grauen Substanz (Gebiete des Zentralnervensystems, die vorwiegend aus Nervenzellkörpern bestehen) des Gehirns [8, 29, 34, 37, 63]. Das menschliche Gehirn besteht zu 60 % aus Fettsäuren, wobei DHA den größten Anteil ausmacht [1, 15, 50, 61, 63, 68].
Zahlreiche Untersuchungen konnten zeigen, dass das Fettsäuremuster der Phospholipide in den Zellmembranen stark von der Fettsäurezusammensetzung der Nahrung abhängt. So bewirkt eine hohe DHA-Zufuhr eine Erhöhung des Anteils an DHA in den Phospholipiden der Plasmamembranen durch Verdrängung der Arachidonsäure und damit eine Erhöhung der Membranfluidität, was wiederum Auswirkungen auf Aktivitäten membranständiger Proteine (Rezeptoren, Enzyme, Transportproteine, Ionenkanäle), Verfügbarkeit von Neurotransmittern (Botenstoffe, die Informationen von einer Nervenzelle zur anderen über deren Kontaktstellen (Synapsen) weitergeben), Permeabilität (Durchlässigkeit) sowie interzelluläre Interaktionen hat [3, 16, 23, 24, 27, 59, 62].
Ein hoher Gehalt an DHA kann auch in den Zellmembranen der Photorezeptoren (spezialisierte, lichtempfindliche Sinneszellen) der Retina (Netzhaut) festgestellt werden, in denen DHA für die normale Entwicklung und Funktion, vor allem für die Regeneration von Rhodopsin (Verbindung aus dem Protein Opsin und dem Vitamin A-Aldehyd Retinal, die für die Sehfähigkeit und die Empfindlichkeit des Auges entscheidend ist), notwendig ist. Weitere Gewebe, in denen DHA enthalten ist, sind unter anderem Gonaden (Keimdrüsen), Spermien, Haut, Blut, Zellen des Immunsystems sowie Skelett- und Herzmuskulatur [3, 27, 29, 35, 37, 56, 58, 63].
Schwangere sind in der Lage, durch einen komplexen Mechanismus DHA im Körper zu speichern und bei Bedarf auf diese Reserve zurückzugreifen [8, 18, 29, 46, 63]. Bereits in der 26.-40. Schwangerschaftswoche (SSW), in der die Entwicklung des zentralen Nervensystems stark voranschreitet – Cerebralisierungsphase, die sich bis in die ersten Monate nach der Geburt erstreckt –, wird DHA in das Gehirngewebe des Ungeborenen eingebaut, wobei der DHA-Status der Mutter entscheidend für das Maß der Anreicherung ist [1, 27, 37, 46, 64]. Während des letzten Trimesters (28.-40. SSW) steigt der DHA-Gehalt im Cortex (Rinde) des Groß- und Kleinhirns des Feten auf das Dreifache an. In der letzten Schwangerschaftshälfte wird DHA auch vermehrt in das Gewebe der Retina eingelagert – die Zeit, in der die hauptsächliche Entwicklung des Auges stattfindet [1, 15, 50, 61, 63, 64, 68].
Der Katabolismus (Abbau) von Fettsäuren findet in allen Körperzellen, vor allem in Leber- und Muskelzellen, statt und ist in den Mitochondrien ("Energiekraftwerke" der Zellen) lokalisiert. Ausgenommen sind Erythrozyten (rote Blutkörperchen), die keine Mitochondrien besitzen, sowie Nervenzellen, denen die fettsäureabbauenden Enzyme fehlen. Der Reaktionsablauf des Fettsäurekatabolismus wird auch als ß-Oxidation bezeichnet. In der ß-Oxidation werden die zuvor aktivierten Fettsäuren (Acyl-CoA) in einem Zyklus, der wiederholt durchlaufen wird, oxidativ zu mehreren Acetyl-CoA (aus 2 C-Atomen bestehende, aktivierte Essigsäure) abgebaut. Dabei wird Acyl-CoA pro "Durchlauf" um 2 C-Atome – entsprechend einem Acetyl-CoA – gekürzt [37, 38].
In der Mitochondrienmatrix wird DHA-CoA in die ß-Oxidation eingeschleust, deren Zyklus – wie folgt – einmal durchlaufen wird [23, 38]:
Das Resultat ist eine um 2 C-Atome verkürzte DHA, die vor Eintritt in den nächsten Reaktionskreislauf an ihrer cis-Doppelbindung enzymatisch trans-konfiguriert werden muss. Nach erneutem einmaligen Durchlauf der ß-Oxidation und Verkürzung der Fettsäurekette um einen weiteren C2-Körper erfolgt die trans-Konfiguration der nächsten cis-Doppelbindung der DHA, die auf einem ungeradzahligen C-Atom lokalisiert ist [23, 38].
Die aus dem DHA-Katabolismus hervorgehenden Acetyl-CoA werden in den Citratzyklus eingebracht, die gemeinsam mit den reduzierten Coenzymen aus der ß-Oxidation in der Atmungskette zur Synthese von ATP (Adenosintriphosphat, universelle Form unmittelbar verfügbarer Energie) genutzt werden [23, 27, 37, 38].
Unter physiologischen Bedingungen sollte die Fettausscheidung mit dem Stuhl bei einer Fettzufuhr von 100 g/Tag aufgrund der hohen Absorptionsrate (85-95 %) nicht mehr als 7 % betragen [23].
Fettsäurestoffwechsel – Omega-3-Typ (Graphik)
Literatur