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Genistein

Genistein ist neben Daidzein und Glycitein ein typischer Vertreter der Isoflavone (Synonym: Isoflavonoide), die zur Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe gehören [8, 21]. Dabei handelt es sich um Substanzen mit gesundheitsfördernder Wirkung, sogenannte "anutritive Inhaltsstoffe" bzw. "weitere Stoffe mit ernährungsspezifischer und physiologischer Wirkung".

Biochemie – Phytoöstrogen

Chemisch gesehen basiert Genistein auf der Struktur des Phenols und gehört daher zu den Polyphenolen. Es trägt die Summenformel C15H10O5 mit drei OH-Gruppen [8, 10, 13, 19].

Genistein weist eine dem weiblichen Geschlechtshormon Östradiol (Steroidhormon) ähnliche molekulare Struktur auf und kann aus diesem Grund mit Östrogenrezeptoren (ER) interagieren. Es sind zwei Typen der Rezeptoren zu unterscheiden. ER-alpha und ER-beta (ß), die die gleiche Grundstruktur besitzen, aber in unterschiedlichen Geweben lokalisiert sind. Die ER-alpha-Rezeptoren (Typ I) befinden sich hauptsächlich in Brust, Gebärmutterschleimhaut (Endometrium), Eierstöcke (Ovarien) und dem Hypothalamus, einem Abschnitt des Zwischenhirns.

Die ER-ß-Rezeptoren (Typ II) sind vor allem in Niere, Gehirn, Knochen, Herz, Lunge, Darmschleimhaut (Darmmukosa), Prostata und den, zum Gefäßlumen hin gerichtete Zellen der innersten Wandschicht von Lymph- und Blutgefäßen (Endothel) nachweisbar. Isoflavone binden bevorzugt an die ER-ß-Rezeptoren, wobei die Bindungsstärke (Bindungsaffinität) von Genistein im Vergleich zu der von Daidzein, Equol - einem durch Darmbakterien aus Daidzein synthetisiertes Isoflavandiol und Glycitein höher ist [1-3, 8, 10, 15, 17, 19, 21]. 

Untersuchungen außerhalb eines lebenden Organismus (in-vitro) mit Sojabohnenextrakten zeigen neben einer deutlichen Wechselwirkung (Interaktion) mit Östrogenrezeptoren auch eine Affinität der Isoflavone zum Progesteron- und Androgenrezeptor [8].

Aufgrund der hormonellen Aktivität zählt Genistein zu den sogenannten Phytoöstrogenen. Dessen östrogene Wirkung ist jedoch im Vergleich zu der des im Säugetierorganismus gebildeten Östradiols um den Faktor 100 bis 1.000 geringer. Allerdings kann die Konzentration von Genistein im Körper um bis zu 1.000-fach über der des körpereigenen (endogenen) Hormons liegen [1-3, 8, 10, 12, 13, 19, 21].

Wirkung von Genistein im Körper

Die von Genistein vorherrschende Wirkung ist sowohl von der individuellen Menge zirkulierender körpereigener (endogener) Östrogene als auch von Anzahl und Typ der Östrogenrezeptoren abhängig. Bei erwachsenen Frauen vor der Menopause (prämenopausal), die einen hohen Östrogenspiegel aufweisen, entfaltet Genistein eine weniger starke östrogene Wirkung, da das Isoflavon die ER für körpereigenes (endogenes) Östradiol blockiert. Im Kindesalter bis zur Pubertät und bei Frauen nach der Menopause (postmenopausal), bei denen der Östrogenspiegel erniedrigt ist, entwickelt Genistein hingegen eine stärkere östrogene Wirkung [1-3, 8, 10, 19, 21].

Die Effekte von Genistein beruhen unter anderem auf Strukturänderungen am Rezeptor, die gewebespezifisch die Ausprägung der Gene (Genexpression) und die physiologische Antwort verändern (modulieren) können. In-vitro-Untersuchungen mit humanen Gebärmutterschleimhaut (Endometrium)-Zellen bestätigen die potentiell östrogene und antiöstrogene Wirkung von Isoflavonen an den jeweiligen Rezeptoren [8, 15]. Demnach ist Genistein als sogenannter natürlicher selektiver Östrogenrezeptormodulator (Selective Estrogen Receptor Modulator, SERM) zu klassifizieren [8, 21].

Die SERM bewirken, wie beispielsweise der Arzneistoff Raloxifen, die Herabregulierung (Downregulation) der ER-alpha- und Stimulation der ER-ß-Rezeptoren. Dadurch werden beispielsweise am Knochen östrogenähnliche Effekte zur Prävention von Knochenschwund (Osteoporose) hervorgerufen. Im Gegensatz dazu kommt es in reproduzierenden Geweben zu antiöstrogenen Wirkungen, sodass das hormonabhängige Zellwachstum gehemmt wird [1, 2, 9, 15, 17, 23, 24, 28].

Vorkommen von Genistein

Genistein wird ausschließlich von Pflanzen, vor allem von Hülsenfrüchten (tropischen Leguminosen), hergestellt (synthetisiert). Den mengenmäßig (quantitativ) bedeutendsten Anteil an Genistein enthalten Sojabohnen (30-92 mg/100 g Frischgewicht) und die daraus hergestellten Produkte, wie Sojamilch (3-17 mg/100 g Frischgewicht) und Tofu (8-20 mg/100 g Frischgewicht) [3, 7, 11, 16, 19, 20, 25, 27]. Genistein ist von allen Isoflavonen der mengenmäßig relevanteste Bestandteil der Sojabohne (> 50 %), gefolgt vom Daidzein (> 40 %) und Glycitein (> 5-10 %) im Verhältnis Genistein: Daidzein: Glycitein = 10 : 8 : 1. Die höchsten Konzentrationen befinden sich direkt in oder unter der Samenschale – dort ist Genistein 5- bis 6-fach höher konzentriert als im Keimblatt (Kotyledone) [8, 11].

In Europa und den USA beträgt die durchschnittliche Zufuhr an Isoflavonen < 2 mg pro Tag. In Japan, China und anderen asiatischen Ländern besteht dagegen aufgrund des traditionell hohen Konsums von Sojaprodukten, wie Tofu, Tempeh, Miso und Natto eine höhere Aufnahme durch die Nahrung. Die enthaltenen Sojabohnen dieser Produkte werden entweder zu Quark beziehungsweise Käse verarbeitet (Tofu), gekocht und mit verschiedenen Schimmelpilz-Arten beimpft (Tempeh, Gärungsprodukt), zu einer japanischen Paste mit unterschiedlichen Getreideanteilen verarbeitet (Miso) oder aber gekocht und unter Einwirkung eines Bakteriums gegärt (Natto). Dadurch werden zwischen 25-50 mg Isoflavone pro Tag aufgenommen, wobei die tägliche Genisteinzufuhr in Japan bei 7,8-12,4 mg pro Kopf liegt [5, 14, 21, 26].

Im pflanzlichen Organismus liegt das Phytoöstrogen vorrangig gebunden an Zucker (Glycosid) vor und wird als Genistin bezeichnet. Nur ein geringer Teil liegt als Genistein in freier Form, also ohne eine Zuckerbindung vor (Aglycon). Im Durchschnitt enthalten 50 mg Genistin etwa 30 mg Genistein. In fermentierten Sojaprodukten, wie Tempeh und Miso, überwiegt die ungebundene Form, das Genistein, da der Zuckerrest durch die zur Gärung (Fermentation) eingesetzten Mikroorganismen enzymatisch abgespalten wird [6, 8, 11, 22].

Resorption von Genistein

Die Aufnahme (Resorption) von Genistein kann sowohl im Dünndarm als auch im Dickdarm (Colon) erfolgen [1, 8, 22]. Während ungebundenes Genistein über passive Transportprozesse (Diffusion) in die Schleimhautzellen (Mukosazellen) des Dünndarms aufgenommen wird, wird die an Zucker gebundene Form (Genistin) zunächst durch Speichelenzyme, Magensäure beziehungsweise durch Enzyme des Dünndarms, die unter Reaktion mit Wasser Zuckermoleküle abspalten (Glycosidasen), zerlegt.

Das freie Genistein kann anschließend im Dünndarm passiv aufgenommen werden. Die Aufnahme von glycosidisch gebundenem Genistein kann auch in gebundener Form über den sogenannten Natrium/Glucose-Cotransporter-1 (SGLT-1) erfolgen. Dieser schleust  die einfachen Zuckermoleküle (Glucose) und Natriumionen (Symport) in die Zelle ein (mittels Symport) [1, 8, 22].

Im Dünndarm nicht aufgenommene Moleküle werden im Dickdarm (Colon) unter Einwirkung bakterieller Enzyme, die unter Reaktion mit Wasser Zuckermoleküle abspalten (beta-Glucosidasen) zerlegt und durch passiven Transport (Diffusion) in die Schleimhautzellen (Mucosazellen) aufgenommen. Vor der Resorption können die ungebundenen Genisteinmoleküle durch mikrobielle Enzyme verstoffwechselt (metabolisiert) werden [3, 8, 22]. Eine Antibiotikatherapie hat negative Auswirkungen sowohl auf die Anzahl (Quantität) als auch auf die Zusammensetzung (Qualität) der Darmflora und kann somit die Verstoffwechslung von Genistein beeinträchtigen [18].

Die Verfügbarkeit von Genistein im menschlichen Körper liegt zwischen 13-35 % [8, 21]. Untersuchungen haben ergeben, dass die Aglykone schneller aufgenommen werden als die Glycosidverbindungen. Inwieweit die Gesamtverfügbarkeit von freiem und an Zucker gebundenem Genistein differiert, ist nicht abschließend geklärt [8].

Transport und Verteilung von Genistein im Körper

Aufgenommenes Genistein und deren Stoffwechselprodukte (Metabolite) gelangen über die Pfortader zur Leber und werden von dort aus zu den Organen und Geweben transportiert [11].

Über die Verteilung und Speicherung von Genistein im menschlichen Organismus gibt es bislang wenig Erkenntnisse. In Studien mit Ratten, denen radioaktiv markierte Isoflavone verabreicht wurden, konnte gezeigt werden, dass diese bevorzugt in Brustgewebe, Eierstöcken (Ovarien) und Gebärmutter (Uterus) bei weiblichen Tieren und in der Prostata bei männlichen Tieren eingelagert werden [8, 11].

In der Interventionsstudie von Bolca et al mit gesunden Frauen war nach Aufnahme von Sojamilch und Sojasupplementen eine Verteilung der Isoflavone im Fett- beziehungsweise Drüsengewebe der Brust von 40:60 feststellbar [4].

In den Geweben und Organen liegt Genistein zu 50-90 % ungebunden als Aglycon vor, der biologisch wirksamen Form. Im Blutplasma ist hingegen ein Aglycongehalt von nur 1-2 % nachweisbar [11].

Die Isoflavon-Plasmakonzentration im Blut beträgt bei einer durchschnittlichen Mischkost etwa 50 nmol, während diese mit einer Kost, die reich an Sojaprodukten ist, auf etwa 870 nmol steigen kann [8]. Die maximale Isoflavonkonzentration im Blutplasma konnte circa 6,5 Stunden nach der Aufnahme von Sojaprodukten erreicht werden. Nach 24 Stunden waren praktisch keine Spiegel mehr nachweisbar [21].

Ausscheidung von Genistein

Um Genistein in eine ausscheidbare Form zu überführen, wird es in der Leber zunächst in zwei Phasen umgewandelt [8, 11, 21]:

  • In Phase I wird durch das Einfügen einer OH-Gruppe die Löslichkeit von Genistein erhöht (mittels Cytochrom-P-450-System)
  • In Phase II wird mit Hilfe von Enzymen Glucuronsäure, Sulfat und die Aminosäure Glycin auf die zuvor eingefügte OH-Gruppe von Genistein übertragen, wobei hauptsächlich (98 %) ausscheidbare Verbindungen entstehen (Glucuronidierung)[4, 8]

Die Stoffwechselprodukte des Genisteins werden primär über die Nieren und in geringem Umfang über die Galle ausgeschieden [4, 8]. Biliär, also "die Galle betreffendes" abgesondertes (sezerniertes) Genistein wird im Dickdarm (Colon) durch bakterielle Enzyme verstoffwechselt und erneut aufgenommen. Damit unterliegt das Phytoöstrogen – ähnlich den körpereigenen (endogenen) Geschlechtshormonen (Steroidhormone) – einem Leber-Darm-Kreislauf (enterohepatisch) [8, 11].

Literatur

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  2. Adzersen K.H., Strowitzki T. (2003) Phytoöstrogene. Welche Effekte haben sie auf hormonmodulierende Krankheiten? Gynäkologische Endokrinologie; 1: 15-27

  3. Biesalski H. K., Köhrle J., Schümann K. (2002) Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Prävention und Therapie mit Mikronährstoffen. Georg Thieme Verlag, Stuttgart

  4. Bolca S., Urpi-Sarda M., Blondeel P. (2010) Disposition of soy isoflavones in normal human breast tissue. Am J Clin Nutr; 91(4): 976-84

  5. de Kleijn M.J., van der Schouw Y.T., Wilson P.W. et al (2001) Intake of dietary phytoestrogens is low in postmenopausal women in the United States: the Framingham study(1-4). J Nutr; 131(6): 1826-1832

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  9. Horn-Ross P.L., John E.M., Canchola A.J. et al (2003) Phytoestrogen intake and endometrial cancer risk. J Natl Cancer Inst; 95(15): 1158-1164

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  11. Kulling S.E., Watzl B. (2003) Phytoöstrogene. Ernährungs-Umschau; 50(6): 234-239

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  18. Natural Medicines Comprehensive Database (2004) Soy. Available at: http://naturaldatabase.therapeuticresearch.com/nd/Search.aspx?cs=&s=ND&pt=100&id=975&ds=

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  21. Schmidt E. und Schmidt N. (2004) Leitfaden Mikronährstoffe. Orthomolekulare Prävention und Therapie. 1. Auflage. Urban & Fischer Verlag, München

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  25. USDA-Iowa State University Database on the Isoflavone Content of Foods (April, 2007) [Web page]. Available at: https://www.ars.usda.gov/ARSUserFiles/80400525/Data/isoflav/isoflav1-4.pdf

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  28. Wu A.H., Wan P., Hankin J. et al (2002) Adolescent and adult soy intake and risk of breast cancer in Asian-Americans. Carcinogenesis; 23(9): 1491-1496

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